Der Betrieb eines Kleinwasserkraftwerks verläuft praktisch vollständig emissionsfrei. Trotzdem fallen im Zuge eines Neubaus oder einer Revitalisierung, zum Beispiel durch eine größere Menge an verbautem Beton, einmalig Emissionen an. Für die Kleinwasserkraft belaufen sich diese allerdings nur auf ungefähr 11,6 g CO2/kWh1 und sind somit verschwindend gering, vor allem wenn die Lebensdauer von bis zu 100 Jahren in Betracht gezogen wird. Kleinwasserkraft übernimmt also eine Vorreiterrolle in Sachen nachhaltiger Stromgewinnung und ist somit als erneuerbare Energiequelle zur Erreichung der österreichischen Klimaziele nicht wegzudenken.
1 Asdrubali, F., Baldinelli, G., D’Alessandro, F; Scrucca, F. (2015). Life cycle assessment of electricity production from renewable energies: Review and results harmonization. Renewable and Sustainable Energy Reviews, 42, 1113-1122
Ein Kritikpunkt, der immer wieder in Verbindung mit der Wasserkraft aufkommt, ist der Ausstoß von Methan und anderen Treibhausgasen von künstlich aufgestauten Gewässern, wie etwa Stauseen von Speicherkraftwerken. Dabei wird fälschlicherweise suggeriert, dass die Wasserkraft per se nicht für den Klimaschutz geeignet ist, und den Klimawandel anfachen würde. Doch das ist eine sehr verkürzte und verfälschte Aussage:
Methangas entsteht bei der Verrottung von organischem Material unter Sauerstoffausschluss, also etwa dann, wenn in tiefen, stehenden Gewässern Baumstämme verrotten. Wenn das Wasser nicht zirkuliert, ist der Sauerstoff in diesen tiefen Schichten irgendwann aufgebraucht und der sogenannte anaerobe Abbauprozess beginnt. Die Menge der in Speicherseen entstehenden Gase haben Forscher von der Washington State University hier erforscht. Gleich vorweg muss gesagt sein, dass die Studie Daten von Gewässern aus der ganzen Welt enthält, daher muss man sie beim Umlegen auf Österreich mit Vorsicht genießen.
Mit den bekannten Zahlen kann man den Methanausstoß für österreichische Stauseen schätzen:
In Österreich gibt es 82,57 km² an großen Stauseen (Summe aus Wikipedia), um auf Nummer sicher zu gehen, runden wir diese Zahl noch auf und nehmen also insgesamt ca. 100 km² an. Das Endergebnis der Studie sind Treibhausgasausstoße in mg/m²/Tag. Wenn man die von den vorher beschriebenen Gewässern ausgestoßenen Gase in CO2-Äquivalente umrechnet, kommt man auf 0,40 – 1,59 kg/m²/Jahr bzw. 40.000 – 165.000 t CO2e/Jahr. Legt man das auf die 9,67 TWh/Jahr Strom aus Speicherkraftwerken um, kommt man auf 4,3-17,0 g CO2e pro kWh Strom aus Speicherkraftwerken. Das betrifft also nur Kraftwerke, welche auch Stauseen haben, die für den Methanausstoß verantwortlich gemacht werden.
Der so geschätzte Ausstoß an Klimagasen, ist also selbst unter ungünstigen Grundannahmen noch sehr klein. Im Vergleich dazu produziert der „durchschnittliche“ Strommix in Österreich 130 – 270 g CO2e pro kWh (Quelle), also etwa das 10-50 fache. Doch selbst diese Werte sind noch pessimistisch geschätzt. Tatsächlich muss man die Emmissionen von Speicherkraftwerken mit jenen von Gaskraftwerken vergleichen, da dies die beiden einzigen Technologien sind, die für Ausgleichs- und Regelenergie (also für die Stabilität unserer Netze) relevant sind.
Realistische Betrachtung: der „Klimakiller“ Wasserkraft existiert nicht
Wie man sieht, geht es bei den Berechnungen nur um Große Speicherkraftwerke. Das ist nicht ohne Grund so, denn die Laufwasserkraft, und vor allem die Kleinwasserkraft hat in der Regel keinen großen Stausee, die auch nur in irgendeiner Form Methan in dieser Größenordnung ausstoßen würden. Laufwasserkraftwerke stehen an Fließgewässern, dadurch ist immer ein Zustrom an Sauerstoff über frisches Wasser gegeben. Darüber hinaus ist eine seriöse Bilanzierung an den oft seit Jahrhunderten anthropogen überformten Gewässern nicht machbar.
Ein weiterer mindernder Grund ist, dass Stauseen in Österreich meist in den Bergen über oder in der Nähe der Baumgrenze liegen, was bedeutet, dass wesentlich weniger organisches Material in die Staussen eingetragen wird, als in anderen Regionen der Welt. Das in Österreich wohl deutlich weniger Pflanzen zum Verrotten in die Stauseen gespült werden können, wodurch wiederum der Treibhausgasausstoß vermindert wird, wurde in unserer Abschätzung ebenfalls nicht berücksichtigt.
Würde man die oben genannten 40.000 – 165.000 t CO2e/Jahr auf die gesamte Wasserkraftproduktion in Österreich umlegen, wäre das Bild nochmals ein ganz anderes. Wir stellen das hier nochmals dar, da von den Kritiker*innen die Wasserkraft ebenfalls immer pauschal betrachtet wird. In Summe wird pro Jahr etwa 44 TWh Strom aus Wasserkraft produziert (Quelle: Statista). Damit errechnet sich ein Wert von 0,95 – 3,88 g CO2e pro kWh die im Durchschnitt in Österreich durch die Methangasemissionen im Zusammenhang mit der Stromproduktion aus Wasserkraft entstehen.
Ein weiterer Vorteil erneuerbarer Technologien gegenüber fossilen und atomaren Energieträgern ist der sehr geringe Wasserverbrauch. So kommen Gas-, Kohle- und Atomkraftwerke allein wegen ihrer Kühlsysteme auf 2,5 bis 3,0 l/kWh, ihre lange Produktionskette noch nicht miteinbezogen. Bei der Wasserkraft hingegen wird während der Stromproduktion die Ressource Wasser zwar genutzt aber nicht verbraucht oder verschmutzt. Für den Wasserfußabdruck kommt daher nur das verbrauchte Wasser bei Produktion und Entsorgung der Anlage in Frage (Turbinenherstellung, Bau des Kraftwerkshauses und dessen Betonmenge…). Alles in allem beläuft sich bei der Wasserkraft der Wasserverbrauch auf unter ein zehntel Liter pro Kilowattstunde. Die effiziente heimische Produktion von Anlagenteile und das sehr gute Recycle Management in Österreich lassen wohl auf einen noch weit besseren Wasserfußabdruck für die österreichische Kleinwasserkraft vermuten. Die Erzeugung von Strom aus Wasserkraft hat sich im Umgang mit Wasser sogar als die sauberste und schonendste aller Energieformen herausgestellt.1
1 Hingsamer Maria et al. (2015): Der Water Footprint – Methodik und Analyse von Technologien zur Stromerzeugung
Aus der heuer bereits zum fünften Mal durchgeführten Studie „Erneuerbare Energien in Österreich – Der jährliche Stimmungsbarometer der österreichischen Bevölkerung zu erneuerbaren Energien“ geht hervor, dass die österreichische Bevölkerung den Erneuerbaren Energien gegenüber positiv eingestellt ist mit einer konstant hohen Zustimmung von 77% unter den Befragten. Die Kleinwasserkraft im Speziellen erfreut sich im nationalen Schnitt weiterhin großer Beliebtheit mit 74% Zuspruch, obwohl es im Bundesländervergleich Unterschiede gibt (siehe Grafik). Bei den jungen Erwachsenen fällt sowohl die Zustimmung zu allen Erneuerbaren Energietechnologien generell mit 82% als auch zur Kleinwasserkraft mit 84% besonders hoch aus. Die Ergebnisse dieser aktuellen Studie zeigen deutlich, dass es seitens der österreichischen Bevölkerung durchaus Rückenwind für die Erneuerbaren Energien und aktiven Klimaschutz gibt. Besonders die Kleinwasserkraft genießt immer noch eine hohe Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung.
Die Kleinwasserkraftwerke in Österreich sind zu einem großen Teil in der Hand von privaten Personen, die meist nur ein einziges Kleinwasserkraftwerk betreiben und warten. Das geht aus der Betrachtung der Mitglieder des Vereins Kleinwasserkraft Österreich hervor, bei der ersichtlich wird wie viele Kleinwasserkraftwerke pro Person oder Betrieb angemeldet sind. Neben Privatpersonen gibt es auch zahlreiche kleine Handwerks- und Industriebetriebe in Österreich, die ein eigenes Kleinwasserkraftwerk betreiben und so ihren Betrieb mit Ökostrom direkt an der Quelle versorgen. Auch die EVUs besitzen fast alle Kleinwasserkraftwerke. Das häufig genannte Argument, demnach von Kleinwasserkraftwerken nur einige wenige Personen mit jeweils vielen Kleinwasserkraftwerken in ihrem Besitz profitieren stimmt also nicht.
Kleinwasserkraftwerke können durch die Entfernung von Siedlungsabfällen einen wesentlichen Beitrag zur Reinhaltung von Gewässern leisten. In den Rechen der Kleinwasserkraftwerke sammeln sich neben Laub, Ästen und Baumstämmen regelmäßig auch große Mengen an Zivilisationsmüll an. Dieser würde ohne die Anlagen ungehindert mit dem Flussverlauf weitertransportiert werden und sich an den Ufern ansammeln oder am Ende ins Meer gelangen. Obwohl die KraftwerksbetreiberInnen nicht Verursacher dieser Umweltverschmutzung sind, müssen sie dennoch in vielen Fällen für die Kosten der Entsorgung aufkommen. Die Entnahmemenge für alle Wasserkraftwerke in Österreich zusammen wird dabei auf 250.000 m³ Treibgut1 geschätzt, was in etwa 2.500 vollen LKW-Ladungen (Typ „Mega Trailer“) entspricht. Diese Menge variiert allerdings mit der Wasserführung – bei höherer Wasserführung fällt in der Regel auch mehr Treibgut an.
1 Eigene Schätzung von Kleinwasserkraft Österreich im Magazin Wasserkraft 65, September 2019, S. 14