Vor über 100 Jahren wurde die erste Kaplan-Turbine der Welt in Betrieb genommen. Sie wurde 1918 durch die Fa. Storek in Brünn gefertigt und 1919 in der Börtel- und Strickgarnfabrik in Velm (Niederösterreich) in Betrieb genommen. Diese erste Turbine war bis 1958 in Betrieb, danach wurde sie ins Technische Museum in Wien übersiedelt und später ausgestellt. Die Fabriksgebäude der Garnfabrik verfielen in den Jahrzehnten danach und wurden vor etwa 30 Jahren von acht Familien zum Ausbauen zu Wohnräumen gekauft. Das Turbinenhaus hinter der Fabrik war vorerst nicht von Interesse, bis es Personen eines Vereins zur Erhaltung von Industriedenkmälern vermessen wollten. Im Gespräch stellte sich heraus, dass das Turbinenhaus nicht zum Eigentum der Fabriksgebäude gehörte, da alles über dem Fluss ohne Wasserrecht Eigentum der Republik ist. Der Verein hatte bereits um ein solches Wasserrecht angesucht. Kurzentschlossen reichten die neuen Eigentümerfamilien der Fabrik ebenfalls einen Antrag auf das Wasserrecht ein, welches ihnen nach einem kurzen Verfahren zugesprochen wurde.
Die erste Einreichung für ein Kraftwerk an dem Standort fand 1994 statt. Nach sehr langwierigen Umweltprüfungen sprangen die Eigentümerfamilien jedoch nacheinander ab, bis das Projekt 2005 wegen zu hoher Auflagen aufgegeben wurde, da es sich mit den damaligen Anforderungen nicht wirtschaftlich umsetzen ließ.
So ein Projekt geht einem nie ganz aus dem Kopf, wenn das Wasser vor der Türe unverwendet vorbeirinnt, meint Günter Menzl, der mit seiner Frau Marion Kaiser 2012 den zweiten Umsetzungsversuch startete. Er war schon damals, auch ohne Kraftwerk, Mitglied bei Kleinwasserkraft Österreich, wodurch er auf die damalige Beratungsaktion aufmerksam wurde. Nach der Beratung konnten die Behördenvertreter von dem Projekt überzeugt werden. Da das Querbauwerk schon existierte, war es nur sinnvoll, dieses auch zu nutzen. Es fiel die Entscheidung, nicht erneut eine Kaplan-Turbine zu verbauen, sondern eine Wasserkraftschnecke, da durch undichte Dämme oberhalb des Kraftwerks das Stauniveau gesenkt werden musste, und die Kaplan-Turbine sich dann nicht mehr ausgezahlt hätte. 2015 bekamen die beiden dann das Wasserrecht bewilligt, beantragten 2016 eine ÖMAG Förderung, die 2018 zugesagt wurde. Durch die COVID-19 Pandemie wurde die Förderung jedoch wieder auf Eis gelegt.
Nachdem aber dann noch eine Förderung zugesagt wurde und der erste Corona-Einnahmeneinbruch vorbei war, konnte im Frühjahr 2021 mit den Ausschreibungen begonnen werden. Im Herbst waren alle Vorbereitungen vollendet, und am 8. September 2021 konnte mit den Abbrucharbeiten begonnen werden. Das Turbinenhaus steht allerdings hinter dem Fabrik-/Wohnhaus und hat keine Zufahrtsmöglichkeit, wodurch die einzige Möglichkeit war, per Hand zu arbeiten. So wurden in den folgenden Wochen 60t Beton und 10t Schlamm händisch entfernt, durch das Haus getragen und dort mit Mulden entfernt. Am 2. November erfolgte schließlich der eigentliche Baubeginn. Dabei wurden zwei neue Mauern auf den Seiten der Schnecke, ein neues Auflager für die Schnecke und eine Zwischendecke betoniert. Am 15. Dezember waren die Stahlarbeiten fertig, also konnte nach der Weihnachtspause am 11. Jänner 2022 die Wasserkraftschnecke eingehoben werden (siehe Bild rechts: © Raiffeisenlandesbank Baden, Frau Eveline Moßbäck).
Wegen dem Standort des Kraftwerkshauses war auch das mit großem Aufwand verbunden, da die über 6,5t schwere Turbine straßenseitig angeliefert wurde und dann mit einem Mobilkran über das Fabriksgebäude gehoben und eingesetzt werden musste. Bis Ende Februar wurden noch weitere kleinere Arbeiten erledigt, wie zum Beispiel das Einbauen der Schütze. Danach konnte man sich um das Dach kümmern. Dieses musste komplett neu gebaut werden, da für den Ausbau der ersten Kaplan-Turbine dieses abgebaut, jedoch nicht wieder aufgesetzt wurde. Davor handelte es sich um ein herkömmliches Satteldach, welches jetzt durch ein begrüntes Flachdach ersetzt wurde, da für die Fischaufstiegshilfe ein wenig Natur weichen musste, die jetzt mit dem Dach „kompensiert“ wird. Auch die Fischaufstiegshilfe wurde errichtet, dabei handelt es sich um die herkömmliche Vertical-Slot Bauart. Am 3. Juni wurde das Kraftwerk dann unter Anwesenheit der Enkelin von Viktor Kaplan, Frau Prof. Gerlind Weber, dem Bürgermeister von Himberg, Ing. Ernst Wendl, und vielen mehr feierlich eröffnet.
Das Kraftwerk leistet aktuell maximal 12,5 kW bei einem Schluckvermögen von 0,8m³/s und generiert ca. 70.000 kWh Energie pro Jahr. Davon werden ca. 80% ins Netz eingespeist, der Rest wird für den Eigenbedarf verwendet. Die ursprüngliche Fallhöhe konnte nicht ganz behalten werden, sie liegt jetzt bei 2,2m.